Die Lebensmittel, die wir heute in den Supermarktregalen finden, sind oft das Ergebnis komplexer Herstellungsprozesse. Um ihre Haltbarkeit zu verlängern, ihren Geschmack zu intensivieren oder ihre Textur zu optimieren, werden ihnen unzählige Zusatzstoffe beigemischt. Diese Stoffe, von Emulgatoren über künstliche Süßstoffe bis zu Konservierungsmitteln, sind von Zulassungsbehörden wie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) als sicher für den Verzehr deklariert. Doch die Wissenschaft der letzten Jahre beginnt, ein differenzierteres Bild zu zeichnen. Aktuelle Studien, insbesondere an Tiermodellen und in großangelegten Beobachtungsstudien am Menschen, deuten darauf hin, dass einige dieser scheinbar harmlosen Substanzen eine Rolle bei der Entstehung von chronischen, altersbedingten Krankheiten spielen könnten, die wiederum die Lebensspanne beeinflussen.
Emulgatoren sind Substanzen, die dafür sorgen, dass sich Fette und Wasser vermischen. Sie verleihen Produkten wie Mayonnaise, Eiscreme oder verarbeitetem Brot eine cremige oder geschmeidige Konsistenz. Zwei der am häufigsten verwendeten Emulgatoren sind Polysorbat 80 und Carboxymethylcellulose (CMC). Die Forschung der letzten Jahre hat diese Stoffe in den Fokus gerückt, da sie eine unmittelbare Auswirkung auf das Darmmikrobiom haben könnten.
Eine bahnbrechende Studie, die 2015 in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, untersuchte die Wirkung von Polysorbat 80 und CMC auf Mäuse. Die Forscher der Georgia State University stellten fest, dass diese Emulgatoren die Zusammensetzung und Funktion der Darmflora veränderten. Sie führten zu einer verringerten Vielfalt an nützlichen Darmbakterien und förderten das Wachstum von Bakterien, die eine niedriggradige Entzündung in der Darmwand verursachen. Diese Entzündung, die oft als “Leaky Gut” (durchlässiger Darm) bezeichnet wird, könnte dazu führen, dass Bakterienbestandteile in den Blutkreislauf gelangen und eine systemische, chronische Entzündung auslösen. Langfristig könnte dies die Entstehung von Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes, Adipositas und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn fördern.
Auch wenn die Ergebnisse an Mäusen nicht direkt auf den Menschen übertragbar sind, legen sie doch die Vermutung nahe, dass diese Zusatzstoffe einen negativen Einfluss auf die Darmgesundheit haben könnten. Da die Darmgesundheit eng mit dem Immunsystem und dem allgemeinen Entzündungsstatus des Körpers verknüpft ist, wäre dies ein plausibler Mechanismus, über den Emulgatoren die allgemeine Gesundheit und potenziell auch die Langlebigkeit beeinträchtigen könnten.
Künstliche Süßstoffe wie Sucralose oder Aspartam sind aus der Lebensmittelindustrie nicht mehr wegzudenken. Sie versprechen den süßen Geschmack von Zucker, aber ohne Kalorien. Doch die jüngste Forschung stellt ihre Unbedenklichkeit zunehmend infrage. Es wird vermutet, dass sie den Zucker- und Insulinstoffwechsel beeinflussen, das Darmmikrobiom verändern und sogar Heißhungerattacken auslösen könnten.
Eine im Jahr 2023 im Fachmagazin Cell veröffentlichte Studie von Eran Segal und Eran Elinav untersuchte die Auswirkungen von künstlichen Süßstoffen auf das Darmmikrobiom und den Blutzuckerstoffwechsel bei Menschen. Die Forscher fanden heraus, dass die Einnahme von Saccharin oder Sucralose innerhalb von nur zwei Wochen die Darmbakterien-Zusammensetzung bei den Probanden signifikant veränderte. Interessanterweise führte dies bei einem Teil der Probanden zu einer schlechteren Glukosetoleranz. Dieser Effekt war besonders bei den Personen stark ausgeprägt, deren Darmflora durch die Süßstoffe am meisten verändert wurde. Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass künstliche Süßstoffe die Insulinsensitivität negativ beeinflussen könnten, was ein zentraler Risikofaktor für Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen ist.
Eine umfassende Meta-Analyse aus dem Jahr 2024, die im Journal of the American Medical Association (JAMA)veröffentlicht wurde, hat die Langzeitwirkungen von künstlichen Süßstoffen untersucht. Die Studie kam zu dem Schluss, dass der regelmäßige Konsum von Süßstoffgetränken mit einem leicht, aber signifikant erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Gesamtmortalität verbunden sein könnte. Auch hier gilt die Einschränkung, dass diese Studien nur Korrelationen zeigen. Menschen, die Süßstoffe konsumieren, könnten beispielsweise auch andere ungesunde Lebensgewohnheiten haben.
Konservierungsstoffe wie Natriumbenzoat oder Phosphate werden Lebensmitteln zugesetzt, um das Wachstum von Mikroorganismen zu hemmen und die Haltbarkeit zu verlängern. Nitrite und Nitrate, die in Wurstwaren verwendet werden, dienen nicht nur der Haltbarkeit, sondern auch der Farbe und dem Geschmack. Die Sicherheit dieser Stoffe ist seit Langem Gegenstand von Debatten.
In bestimmten Studien werden Nitrite und Nitrate, insbesondere in Kombination mit hohen Temperaturen, mit der Bildung von Nitrosaminen in Verbindung gebracht. Nitrosamine sind krebserregende Verbindungen, die im menschlichen Körper entstehen können. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat verarbeitetes Fleisch aufgrund des potenziellen Risikos für Darmkrebs als karzinogen der Gruppe 1 eingestuft. Einer der Hauptgründe für diese Einstufung sind die Nitrite, die zur Wurstverarbeitung genutzt werden. Es wird vermutet, dass die Einnahme großer Mengen dieser Stoffe über Jahre hinweg das Risiko für bestimmte Krebsarten, vornehmlich Darmkrebs, erhöhen könnte. Auch hier ist entscheidend, dass es auf die Menge ankommt. Die Behörden setzen strenge Grenzwerte, um das Risiko zu minimieren. Doch der dauerhafte Konsum von verarbeiteten Lebensmitteln könnte, so die Vermutung von Forschern, die Gesamtexposition erhöhen und die Entstehung von chronischen Krankheiten fördern.
Trotz der vielversprechenden Forschungsergebnisse gibt es keine abschließende wissenschaftliche Einigkeit über die Schädlichkeit von Lebensmittelzusatzstoffen. Dies liegt an mehreren Faktoren:
Eine in der UK Biobank durchgeführte Kohortenstudie, die Daten von über 186.000 Erwachsenen über mehr als ein Jahrzehnt nachverfolgte, ist ein Beispiel für die Herausforderungen dieser Forschung. Die Stärken der Studie liegen in ihrer außergewöhnlich großen Stichprobe und der langen Beobachtungszeit, was die statistische Aussagekraft erhöht. Jedoch kann auch eine solch robuste Studie keine Kausalität nachweisen, da sie auf Korrelationen beruht. Die Verwendung eines 24-Stunden-Fragebogens als Datenquelle birgt außerdem das Risiko, dass die erfassten Ernährungsgewohnheiten nicht die tatsächlichen Langzeitgewohnheiten der Teilnehmer widerspiegeln und anfällig für Gedächtnisfehler sind.
Die wissenschaftliche Debatte um die Sicherheit von Lebensmittelzusatzstoffen ist bisher nicht abgeschlossen. Obwohl die Zulassungsbehörden sie als sicher einstufen, deuten immer mehr Studien darauf hin, dass die langfristige, kumulative Wirkung auf den Körper nicht zu vernachlässigen sein könnte. Der mögliche Mechanismus, über den diese Stoffe die Gesundheit beeinträchtigen, scheint die Förderung von niedriggradiger Entzündung und die Störung des Darmmikrobioms zu sein – beides zentrale Treiber von chronischen Krankheiten, die die Lebensspanne verkürzen.
Für den Einzelnen leiten sich aus diesen Erkenntnissen praktische Konsequenzen ab. Da die Wissenschaft noch keine eindeutigen Antworten liefern kann, könnte der sicherste und wirksamste Weg zur Förderung der Gesundheit und Langlebigkeit die bewusste Reduzierung des Konsums von hochverarbeiteten Lebensmitteln sein. Indem man sich auf eine vollwertige, unverarbeitete Ernährung konzentriert, die reich an Obst, Gemüse, gesunden Fetten und Proteinen ist, minimiert man nicht nur die Aufnahme potenziell problematischer Zusatzstoffe, sondern stärkt auch das Immunsystem und die Stoffwechselgesundheit. Das Lesen von Zutatenlisten und die Entscheidung für frische, unverarbeitete Lebensmittel könnten somit ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem langen, gesunden Leben sein.
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