Ergothionein: Kann ein Pilzwirkstoff das Altern bremsen?

LongevityMikronährstoffe5. Februar 20251.4K Views

Ergothieonin

Die Suche nach wirksamen Substanzen zur Förderung eines langen und gesunden Lebens hat in den vergangenen Jahren an Dynamik gewonnen. Neben bekannten Ansätzen wie Kalorienrestriktion, intermittierendem Fasten oder der Modulation des Mikrobioms richtet sich die Aufmerksamkeit nun verstärkt auf natürliche Substanzen. Eine vielversprechende Spur führt zu einem besonderen Molekül: Ergothionein. Diese schwefelhaltige Aminosäure wird ausschließlich von bestimmten Bakterien und Pilzen produziert und kann vom menschlichen Körper über einen speziellen Transporter aufgenommen und gespeichert werden.

Was ist Ergothionein?

Ergothionein (ET) wurde erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt und zeichnet sich durch seine antioxidativen und zellschützenden Eigenschaften aus. Besonders reich an dieser Verbindung sind Speisepilze wie Shiitake, Austernpilze und Königsausternpilze. Auch bestimmte fermentierte Lebensmittel enthalten Ergothionein, jedoch in geringeren Mengen.

Anders als viele andere Antioxidantien wird Ergothionein gezielt in bestimmten Geweben wie Leber, Nieren, Augen und Gehirn angereichert, was darauf hindeutet, dass es eine wichtige physiologische Funktion erfüllen könnte. Wissenschaftler vermuten, dass es eine Schutzfunktion gegen oxidativen Stress und Entzündungen übernimmt – zwei wesentliche Faktoren, die mit dem Alterungsprozess und altersbedingten Erkrankungen in Verbindung gebracht werden.

Wissenschaftliche Studien: Erste Hinweise auf positive Effekte

Mehrere aktuelle Studien haben sich mit den möglichen Effekten von Ergothionein auf die Gesundheit und Langlebigkeit beschäftigt. Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für analytische Wissenschaften (ISAS) in Dortmund untersuchte etwa die Wirkung von Ergothionein in einem Modellorganismus: dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans. Die Ergebnisse zeigten, dass die Gabe von Ergothionein die Lebensspanne der Würmer signifikant verlängerte und deren Widerstandsfähigkeit gegenüber oxidativem Stress erhöhte.

Eine weitere Studie, die 2023 in der Fachzeitschrift Nature Aging veröffentlicht wurde, untersuchte den Ergothionein-Spiegel im Blut von über 3000 älteren Menschen. Dabei zeigte sich eine Korrelation zwischen höheren Ergothionein-Werten und einer besseren kognitiven Leistungsfähigkeit sowie einem geringeren Risiko für neurodegenerative Erkrankungen. Dies könnte darauf hindeuten, dass Ergothionein eine schützende Rolle bei der Prävention von Demenz spielen könnte.

Mechanismen: Wie könnte Ergothionein den Alterungsprozess beeinflussen?

Die genauen Mechanismen, durch die Ergothionein seine Wirkung entfalten könnte, sind noch nicht vollständig geklärt. Die bisherigen Forschungsergebnisse deuten jedoch auf mehrere potenzielle Wirkmechanismen hin:

  • Reduktion von oxidativem Stress: Ergothionein wirkt als Radikalfänger und schützt Zellen vor oxidativen Schäden, die mit Alterungsprozessen und chronischen Erkrankungen assoziiert sind.
  • Entzündungshemmende Effekte: Chronische Entzündungen gelten als Treiber vieler altersbedingter Erkrankungen. Studien deuten darauf hin, dass Ergothionein entzündungshemmende Eigenschaften besitzt und das Immunsystem modulieren könnte.
  • Mitochondriale Schutzfunktion: Die Mitochondrien, oft als “Kraftwerke der Zelle” bezeichnet, spielen eine zentrale Rolle im Alterungsprozess. Ergothionein könnte dazu beitragen, mitochondriale Schäden zu reduzieren und so die Zellfunktion im Alter zu erhalten.

Ergothionein als Nahrungsergänzung – sinnvoll oder nicht?

Obwohl die bisherigen Ergebnisse vielversprechend sind, gibt es derzeit keine klaren Empfehlungen für die Supplementierung mit Ergothionein. In Ländern wie Japan wird Ergothionein bereits als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet, während in Europa und den USA noch keine verbindlichen Richtlinien für die tägliche Aufnahme existieren.

Ernährungswissenschaftler empfehlen jedoch, ergothioneinreiche Lebensmittel wie Pilze regelmäßig in die Ernährung zu integrieren. Eine Studie aus Singapur zeigte, dass Menschen, die mindestens zwei Portionen Pilze pro Woche konsumierten, ein geringeres Risiko für kognitive Beeinträchtigungen aufwiesen.

Ergothionein-Gehalt in verschiedenen Pilzarten

Unterschiedliche Pilzarten enthalten unterschiedliche Mengen an Ergothionein. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Gehalt dieser schwefelhaltigen Aminosäure in ausgewählten Speisepilzen:

Pilzart Ergothionein-Gehalt (mg/g Trockensubstanz)
Kulturchampignon (Agaricus bisporus) 0,41 ± 0,18
Kräuterseitling (Pleurotus eryngii) 1,72 ± 0,10
Maitake (Grifola frondosa) 1,84 ± 0,76
Austernpilz (Pleurotus ostreatus) 2,01 ± 0,05
Shiitake (Lentinula edodes) 2,09 ± 0,21

Zusätzlich enthalten einige Heilpilze besonders hohe Mengen an Ergothionein:

Heilpilz Ergothionein-Gehalt (mg/g Trockensubstanz)
Reishi (Ganoderma lucidum) 1,80 ± 0,15
Chaga (Inonotus obliquus) 1,56 ± 0,12
Cordyceps (Cordyceps militaris) 2,20 ± 0,20
Löwenmähne (Hericium erinaceus) 1,95 ± 0,18

Ein vielversprechender, aber noch wenig erforschter Wirkstoff

Die bisherigen Studien deuten darauf hin, dass Ergothionein eine interessante Substanz mit potenziellen gesundheitsfördernden Effekten ist. Besonders seine antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften könnten eine Rolle im Anti-Aging-Bereich spielen. Dennoch sind weitere klinische Studien erforderlich, um die genauen Wirkmechanismen und mögliche Langzeiteffekte besser zu verstehen.

Bis belastbare Daten vorliegen, bleibt der beste Weg zur natürlichen Aufnahme von Ergothionein der regelmäßige Verzehr ergothioneinreicher Lebensmittel wie Pilze. Wer seine Ernährung mit natürlichen Antioxidantien bereichern möchte, kann mit dieser einfachen Maßnahme möglicherweise einen Beitrag zu seiner langfristigen Gesundheit leisten.

 

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